Rückblick: Birgit Jaenicke: Malerische Rhythmen und Materialität

Vom 16. März bis 20. Mai 2012 fand die Ausstellung »Malerische Rhythmen und Materialität« von Birgit Jaenicke statt.

Auszug aus einer Rede von Dr. Wolf Jahn zu den Bodenarbeiten

… Einige erinnern an Blätter, andere an Berge und Täler, bei wiederum anderen meint man sogar, Wasser mit im Spiel zu wissen. Auch wenn dieser Eindruck auf die falsche Fährte führt, liefert er gleichwohl den ersten Schritt, für weitere Annäherungen an die Arbeiten von Birgit Jaenicke. Denn was sehen wir, wenn wir zum Beispiel Wasser zu erkennen glauben? Genau genommen erkennen wir nicht  diese flüssige Substanz, sondern die Spuren uns unsichtbarer Kräfte. Nur weil der Wind weht, der Mond seine Kräfte walten lässt, oder ein Stein fällt, kann sich Wasser kräuseln, auftürmen oder zu wachsenden Ringen ausufern.

Nicht also das Wasser sehen wir, sondern in ihm Formen, ausgelöst durch Kräfte, die im Verborgenen bleiben. Analog dazu zeigen die Bodenbilder von Birgit Jaenicke die Kräfte ihrer rhythmisch strukturierten Hand- und Armbewegungen. Im übertragenen Sinne sind sie Handlungsbücher, seismografische Aufzeichnungen ihrer Körpersprache. Und da wir es hier nicht mit willkürlichen, vielmehr mit bewusst gesetzten Bewegungen, wie mit einem Webschiffchen immer in gleiche Richtungen tendierenden Vektoren zu tun haben, entstehen aus diesen Handlungsbildern ebenso Muster…

Zuletzt noch ein Zitat von Nietzsche, es hat die Grenzen unserer Wahrnehmung zum Gegenstand: “… wir sind nicht fein genug,”, heißt es da, “um den mutmaßlichen absoluten Fluss des Geschehens zu sehen: das Bleibende ist nur vermöge unserer groben Organe da, welche zusammenfassen und auf Flächen hinlegen, wo so gar nichts existiert. Der Baum ist in jedem Augenblicke etwas Neues: die Form wird von uns behauptet, weil wir die feinste absolute Bewegung nicht wahrnehmen können.“ Sicherlich wird auch Birgit Jaenicke nicht “den mutmaßlichen”, wie ihn Nietzsche nennt, “den absoluten Fluss des Geschehens” sehen. Dennoch kennzeichnet es ihre Arbeit in hohem Maße, dass sie Bewegung, Form und Zeit jenseits unserer normalen diesseitigen Formerfahrung thematisiert. Ihre Bilder zeigen das subtile Wirken und Weben von Wirklichkeit dort, wo sie im Alltag kraft unserer geregelten Wahrnehmung nie zugänglich ist. Ganz nüchtern betrachtet sind sie der Versuch der Frage nachzugehen wie Formen entstehen. Wer bildet sie, was bildet sie und was hat die Zeit damit zu tun?

 


 

Auszüge der Ausstellungsräume / Ausstellungsobjekte

Nachfolgend ein kurzer Einblick in die Räume und Objekte der Ausstellung »Malerische Rhythmen und Materialität«. Um zur Großbildansicht zu gelangen, klicken Sie auf das gewünschte Bild.

 


 

Birgit Jaenicke

1958
in Mainz geboren
1978-1979
Studium Kunst und Werken an der PH Göttingen
1980-1985
Studium an der Fachhochschule für Gestaltung, Hamburg, Diplom
seit 1986
Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler, Hamburg
1987
Fortbildung Sommerakademie Pentiment (bei Eun Nim Ro)
1990-1995
Aufbau der Jugendkunstschule Buxtehude, Lehrtätigkeit
1990-1996
Mitarbeit bei KX. Kunst auf Kampnagel
1997
Geburt der Tochter Miriam
seit 1998
Arbeit im angewandten künstlerischen Bereich
ab 2007
Wiederaufnahme der freien künstlerischen Arbeit
ab 2010
Mitglied im BBK Stade – Cuxhaven

Arbeitsstipendien

1992
Stipendium des Landes Schleswig-Holstein mit Studienaufenthalt im Künstlerhaus Cismar (Mai – Oktober)
1995
Studienaufenthalt mit Stipendium in der Casa Baldi, Olevano Romano, Italien (Mai – Oktober)

Ausstellungen (Auswahl)

2010
“Kulikunst”, Kunstverein Kehdingen (Freiburg) (G)
2010
“Farbpunkte”, Offene Ateliers an der Este (G)
2011
St. Martini Kirche, Jork-Königreich, “Farbpunkte”
2011
60 Jahre BBK (G)
2012
“nebenan”, Schloss Agathenburg, Landkreis Stade (G)